Nein, nein, die Polizei hat keine neue Partei gegründet. Daher gibt es auch keine Jugendorganisation wie bei den Grünen oder der SPD, die so unzufrieden mit Ihrer Partei ist, dass sie innerhalb ihrer Strukturen Piratendenken implementieren muss.
Der Herr, der sich Zeit für uns genommen hatte, hat sich sehr aufgeschlossen und freundlich mit unseren Fragen auseinandergesetzt. Ihm war sehr daran gelegen die seitens der Polizei propagierte Offenheit im Bezug auf das Überwachungssystem auch uns gegenüber umzusetzen. An dieser Stelle nochmals Danke dafür!
Wirkliche neue Erkenntnisse hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen gab es für uns nicht. Da waren wir auf aktuellstem Stand. Lediglich die Tatsache, dass es neben dem Polizeigesetz des Landes und den Erläuterungstexten zu den einzelnen Artikeln, auch noch eine Durchführungsverordnung gibt war uns nicht bekannt. Unser Ansprechpartner hatte uns die Unterlagen schon vorbereitet und auch ausgehändigt.
Bevor wir dann zum eigentlichen Systemraum kamen, musste zunächst die Funkleitstelle abgeschaltet werden. Diese ist im selben Raum wie die Überwachungsmonitore. Dieser Vorgang bedingt, ein Shutdown der Systeme und eine Ab- bzw. Ummeldung der Funkleitstelle, da wir natürlich nicht den Funkverkehr mithören durften, während wir die Kamerabildschirme in Augenschein nahmen. Nachdem das alles passiert war durften wir uns die Systeme anschauen.
Das erste was uns dann mit einigem Gelächter vom Operator präsentiert wurde war: das bildschirmfüllende Blickfeld der Kamera 2 auf dieses Plakat der Aachener PIRATEN. Es wurde im Rahmen der Plakataktion angebracht und verdeckte erheblich die Sicht der Kamera auf den Eingang der Elisengalerie und weite Teile rechts und links davon. Die drei anwesenden Polizisten nahmen es mit dem gleichen Humor wie wir und waren einverstanden, dass wir das nach dem Termin abnehmen und gut ist’s. Nach dem Video über das Aufhängen der Plakate haben wir blöderweise nicht gefragt, wie uns erst nachher aufgefallen ist.
Was uns interessierte war vor allem: Welche Bereiche sehen die Kameras genau? Wir haben bisher immer zugrunde gelegt, was die Kameras technisch können, wo diese “an Häuserecken” hängen bleiben. Tatsächlich ist es so, dass man bemüht ist, die Sichtbereiche unterhalb der ersten Etagen von Häusern zu halten. Dazu sind die Bilder “digital verschattet”. Es werden schwarze Flächen über Bildausschnitte gelegt (das war uns auch bekannt). Man erklärte uns, diese “Schatten” können am Tisch des Operators nicht verändert werden. Dazu sei ein Eingriff in die Kamera notwendig. Das bedeutet: Was der Operator nicht sehen kann, kann auch nicht aufgezeichnet werden. Dies sei auch mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes abgestimmt. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich das nicht ohne weiteres von Dritten prüfen lässt.
Die Verschattung ist allerdings nicht perfekt. Beispielsweise weist Kamera 3 (Wirichsbongardstraße) eine Verschattung Richtung Theater auf. Dies müsste eigentlich auch an der Ecke der Bäckerei Oebel durchgezeichnet sein. Tatsächlich lugt die Kamera jedoch noch bis zum Degraa / Tanzpalast. Dass dieser Bereich überwacht wird, ist für den Bürger nicht erkennbar. Man versprach uns, den Bereich zu beschildern oder die Verschattung anzupassen. Vielleicht ist es aber auch gewollt Richtung Tanzpalast noch reinzuschauen zu können. Gleiches Problem auch von Kamera 1 in Richtung Bushof und Adalbertstraße. Auch hier kann weiter reingesehen werden als die Beschilderung ausweist.
Kamera 5 schaltet beim Versuch, den Büchel hochzuschauen, das Bild weg. Der Bereich ist ausmaskiert. Technisch wäre es prinzipiell möglich, dort weit hineinzuschauen. Gleiches gilt für die Kamera 4 in Richtung Münsterplatz.
Auf unsere Bitte hin zoomte der Operator testweise mal von Kamera 1 (Gegenüber Adalbertstraße), mal in Richtung Eisdiele und Spielgerüst neben dem Haus der Kohle. Das Bild hat uns umgehauen. Uns war klar, dass die Kameras was können, aber das war heftig! Die Auflösung und Schärfe ist extrem hoch. Das System ist am oberen Ende der Skala des technisch Machbaren. Erschreckend detailreich. Man hätte fast einen Zeitungsartikel auf diese Entfernung lesen können. Nein, keine Schlagzeile aus dem Großuniversum der 4-Buchstaben-Zeitung.
Es war erfreulich zu sehen, wie offen die Polizei uns gegenüber war. Auch wenn das Thema Verschattungssteuerung naturgemäß für uns nicht zu erfassen oder gar zu prüfen war. Die vorhandenen Lücken in der Verschattung könnten möglicherweise auch Absicht sein. Die Beschilderung deckt sich dadurch nicht mit dem tatsächlichen Sichtfeld der Kameras und es handelt sich nicht um kleine Unterschiede. Vor allem sind die Lücken in Richtung Degraa / Tanzpalast sicher von Interesse in den Abend- und Nachtstunden.
Man versicherte uns, man werde das System an diesen Stellen nachjustieren, um die Beschilderung mit dem tatsächlichen Sichtfeld in Einklang zu bringen.